Geschichte vom Hirschen, Brauerei Ramsen
Das Gasthaus Hirschen im Wandel der Zeit — Moskau und Petersburg
(Mündliche Überlieferung von Erwin Schmid)
Das Gasthaus zum Hirschen in Ramsen hat eine lange Tradition.
Nach mündlicher Überlieferung, die ich von meinem Vater Karl und meinem Onkel Emil, ehemaliger "Hirschen-Wirt", erhalten habe, hat ihr Grossvater Josef Schmid, geb. 1781, wohnhaft gewesen in einem Kehlhof zu Ramsen, das Gasthaus zum Frohsinn (heute Hirschen) erbaut. Ein Sohn dieses Josef Schmid, namens Leopold, geb. 1816, zog nach der Verehelichung mit Anna Maria Ruh in ihr Haus, das heute dem Alfons Schmid, Hofenacker, gehört. Aus dieser Ehe Leopold Schmid-Ruh stammte dann Konrad Schmid, geb.1845.
Der junge Konrad erlernte in der Brauerei und im Gasthof Hirschen in Gailingen den Beruf eines Bierbrauers und Schnapsbrenners. Nach einigen Wanderjahren, hauptsächlich in Deutschland, erwarb er 1873 das Gasthaus zum Frohsinn in Ramsen. Weil er im „Hirschen“ in Gailingen die Berufslehre absolvierte, wurde der „Frohsinn“ in „Hirschen“ umgetauft.Am 18. Mai 1874 verehelichte er sich mit Agatha Buchegger, Wirtstochter aus der Wirtschaft zum Kranz, Bohlingen. Da Konrad Schmid nicht nur Bierbrauer, Gast- und Landwirt sondern auch Handelsmann war, den man im ganzen Hegau und weit darüber hinaus kannte, wurde der „Hirschen“ in Ramsen eine Gaststätte, welche von Arm und Reich, von Bauern und Geschäftsleuten, von geistlichen und weltlichen Magistraten gern besucht wurde.
1898 starb Frau Agatha erst 44-jährig an einer damals unheilbaren Krankheit (Diabetes). Da der ältere Sohn Karl (mein Vater) nicht wirten wollte, erlernte Sohn Emil, geb. 1876, den Brauerberuf. Nach einigen Wanderjahren, die ihn zu Fuss durch Deutschland und Frankreich bis nach Marseille führten, kehrte er um die Jahrhundertwende ins Vaterhaus zurück. Er verehelichte sich mit Fräulein Anna Mock aus Rielasingen und übernahm im Jahre 1902 das Gasthaus und die Brauerei zum Hirschen.
Infolge der Wirren während des Ersten Weltkrieges, wurde der Rohstoffeinkauf aus der Tschechoslowakei verunmöglicht, so dass 1916 die Bierbrauerei eingestellt werden musste. Die Schnapsbrennerei, in der Karl einen vorzüglichen Tropfen herstellte, betrieb er im Winter während einiger Zeit, durfte aber nur Eigengewächs brennen. Zukauf von Obst und dergleichen verbot die Alkoholverwaltung. Dieser Betriebszweig wurde auch noch von seinem Sohn Emil Schmid-Bach betrieben, der den väterlichen Betrieb 1942 übernahm.
Der „Hirschen“ ist auch das Stammlokal des Männerchors Ramsen. Ebenfalls gehörten zum „Hirschen“ die traditionellen Gross- und Jungviehschauen im Frühling und im Herbst. Diese Schautage waren öfters wahre Festtage für die Bauern. Die monatlichen Schweinemärkte gaben auch hie und da Gelegenheit zu grösseren Gelagen. So kam es einmal vor, dass eine Bäuerin ihr Kind in den „Hirschen“ schickte mit dem Auftrag, der Vater solle zum Mittagessen kommen. Das Kind kam zurück mit der Meldung: „S’isch nonig us, si singed no.“ Auch die Getreide-, Kartoffel- und Milchzahltage, welche früher in den Wirtschaften stattfanden, waren im „Hirschen“ immer gut besucht.
Als Emil Schmid-Bach dann noch eine Kegelbahn installierte, erwuchsen den beiden Frauen, Berta und deren Helferin Anna, neue Aufgaben, die sie aber zum Wohle der Gastlichkeit meisterten. Leider verstarb Emil Schmid im Herbst 1976, und am Pfingstsonntag 1981 folgte ihm seine Frau Berta nach.
Da aus der Verwandtschaft niemand das Gasthaus Hirschen übernehmen wollte, ging die Liegenschaft am 4. Januar 1982 durch Kauf an Frau Irene Neidhart über. Sie hat den „Hirschen“ durch wesentliche bauliche Veränderungen zu einer gutbesuchten Gaststätte gemacht.
Ich wünsche Frau Irene viel Glück und Gottes Segen sowie gute Ausdauer für ihr Unternehmen.
Nachbar Erwin Schmid im Jahre 1985